Die Rede ist von Martin in der 4. Runde des Troisdorf Opens. Und, nein, dies ist keine Anspielung auf sein Alter aus Sicht unserer teilnehmenden Jugendspieler (ich sage nur "Doppelherz, die Kraft der zwei Herzen"). Der Titel des heutigen Beitrags bezieht sich ausschließlich auf diesen merkwürdigen Zwiespalt zwischen Hoffen und Bangen, wenn man als Jugendtrainer gegen die eigenen Eleven zu einer echten Turnierpartie antritt. Einerseits will man natürlich gewinnen (Martin sowieso) und dafür braucht es schlicht und ergreifend Fehler des Gegenübers. Andererseits hofft man zugleich auch jedes Mal, daß die Jugendlichen möglichst perfekte Partien aufs Brett bringen. "Jetzt weiß ich mal, wie es meinem eigenen Jugendtrainer seit Jahren ergeht", seufzte Martin nach seiner Viertrundenpartie gegen Lukas.

Die beiden hatten sich im Vorfeld gewissermaßen zum Theorieduell im Trompowsky-Angriff verabredet. Offensichtlich hatte Lukas sich sehr gut auf diese Leib- und Magen-Eröffnungen Martins vorbereitet, denn beide blitzten die Eröffnung nur so hin und landeten in einer der sehr spaßigen (Originalton Martin) – weil zweischneidigen – Varianten. Bis zum neunten Zug von Schwarz folgten beide der Eröffnungsdatenbank, dann wich Lukas mit a6 ab. Kein Zug, den man üblicherweise braucht, und folglich ein latenter Tempoverlust, wie Martin im Anschluß analysierte.

Anschließend spulten beide wieder die normalen Eröffnungspläne ab, allmählich jedoch streuten beide Seiten kleinere Abweichungen ein. Sie verfolgten offenbar divergierende Pläne. Martin griff in der Folge im Zentrum an und Lukas suchte das Spiel am Damenflügel. Knackpunkt der Partie war letztlich, daß Lukas sich gegen ein temporäres Bauernopfer entscheid und Martin dadurch das Eindringen mit allen drei Schwerfiguren entlang der vorletzten Reihe erlaubte, womit Matt bzw. Damenverlust unvermeidlich wurden. Im Bewußtsein, daß das Spiel nun bald so oder so entschieden sein würde, ließ Lukas sich lieber gleich mattsetzen.

Harald und sein Gegner brachten das Schottische Vierspringerspiel aufs Brett. Mit weitestgehend gradlinigem Spiel stand Harald stets ein wenig besser, auch wenn er den ersten gröberen Schnitzer seines Gegenübers noch ungenutzt durchgehen ließ. Nach weiteren kleinen Ungenauigkeiten von Schwarz wurde das weiße Läuferpaar immer stärker und beginnend mit seinem 15. Zug ging Harald damit auf Qualitätsfang. Entscheidend war letztlich, daß sein Gegner im 18. Zug freiwillig ein Turmpaar abgetauscht hat, was in der Stellung nicht sonderlich hilfreich war (außer für Harald natürlich).

Als er nach einer Läufergabel unseres "Finanzministers" auf e7 laut Engine als beste Option mit Turm und Springer gegen Dame (plus in der Folge zusätzlich noch zwei weißen Mehrbauern) weiterspielen hätte müssen, gab Haralds Kontrahent die Partie auf. Den Rest wollte er sich nicht mehr zeigen lassen, obwohl die finale Verwertung des materiellen Vorteils schon noch einiger Arbeit auf Haralds Seite bedurft hätte.

Silas Gegner kam deutlich verspätet ans Brett und zog in der Folge stets überaus zügig. Nach 1. ...f5 hatte Silas wunschgemäß die Holländische Verteidigung aufs Brett gebracht, landete jedoch im weiteren Verlauf nicht wirklich auf ihm bekanntem Terrain. Sein Kontrahent setzte ihn kontinuierlich weiter unter Druck, rochierte gegenläufig und ging seinem auch in früheren Partien beim Troisdorf Open bereits gezeigten Spielstil gemäß hyperaggressiv zum Königsangriff über. Silas ließ sich auf diesen offenen Schlagabtausch ein und übersah dabei im 19. Zug eine Taktik-Falle seines Gegners. Dieser opferte anschließend eine Qualität zwecks Eliminierung des "Feldwächters", um direkt im Anschluß via Familienschach Silas' Dame erobern zu können. Ab da wehrte Silas sich nur noch ohne realistische Aussicht auf Gegenspiel geschweige denn Erfolg bis zum Matt im 38. Zug. Fazit: Maximal unglücklich gelaufen.

Suad hatte sich durch seine bislang gezeigten Leistungen ein Duell mit den schwarzen Steinen gegen den 7. der Setzliste "verdient". Bis einschließlich seines 16. Zuges wandelte er auf Theorie-Pfaden der Königsindischen Verteidigung, genauer deren Orthodoxer Variation (Gligoric-Taimanow-System), dann wich sein erfahrener Gegenspieler von den letzten verbliebenen Vorgängerpartien der Datenbank ab. Suad hatte sich durch mehrere kleinere Ungenauigkeiten da jedoch bereits in eine nachteilige Position manövriert. Er suchte zwar das thematische Spiel am Königsflügel, doch Weiß beließ seinen Monarchen einfach in der Mitte, sodaß unserem jüngsten Hennefer Teilnehmer am Troisdorf Open mangels Zielperson der Angriff schlicht versandete.

Sein Gegner hingegen nutzte seinen Raumvorteil am Damenflügel, um über die c-Linie ebenfalls ziemlich plangetreu in die schwarze Stellung einzubrechen. Nachdem er dabei zudem noch die Basis der schwarzen Bauernkette auf d6 eliminiert hatte, besaß er in der Folge noch einen gedeckten Freibauern auf d5 als weiteren Trumpf. Zudem mit weißem Turm auf der 7. Reihe und aktivem weißem Läuferpaar bei gleichzeitig offenem schwarzen König und höchst passiven Figuren des Nachziehenden konfrontiert, sah unser mit lobenswerten Ambitionen in das Duell gestarteter Schachfreund Suad im 36. Zug ein, daß ihn sein spielstarker Kontrahent nach allen Regeln der Kunst souverän positionell überspielt hatte. Bei noch immer materiellem Gleichstand streckte Suad die Waffen und gab auf. Gleichwohl bekam er reichlich anerkennend-aufbauende Worte seines Gegners für die gezeigte Partie, was schließlich auch nicht so oft vorkommt.

Der Chronist hatte es als Nachziehender ebenfalls mit einem "Königsinder" zu tun bekommen, allerdings mit der Fianchetto-Variation (Uhlmann-Szabo-System). Im 11. Zug und bemüht, nicht wie so oft zu viel Zeit bereits für den Partieanfang zu verbraten, machte ich in scheinbar eher langweiliger Stellung einen "natürlichen" Zug. Der Trost, daß die Lichess Masters Database auch zwei Spieler auf dem Meisterlevel aufführt, welche in dieselbe Eröffnungsfalle getapst waren, hilft auch nachträglich nicht darüber hinweg, daß die Partie ab da im Grunde schon weitestgehend für mich gelaufen war.

Ich trachtete fortan mit Minusqualität danach, die Stellung maximal-möglich geschlossen zu halten. Den weißen Fianchettoläufer sollte eine schwarze Bauernkette von h7 bis e4 von der Teilnahme am weiteren Geschehen möglichst lange ausschließen (diesbezüglich spielte mein Gegner dankenswerterweise mit) und am Damenflügel führte ich eine Bauernstruktur herbei, die es einzig meinem Springer ermöglicht hätte, dort einzudringen und Unruhe zu stiften (was mein Kontrahent jedoch leider unbewußt durch seine Angriffsbemühungen zu unterbinden wußte). Die einzig offene d-Linie verrammelte ich mit König, Läuferpaar und Springer nach Kräften, um ein Eindringen der verdoppelten Türme meines Gegners idealerweise zu verhindern.

Seinen ersten diesbezüglichen Versuch vermochte ich noch abzuwehren, indem sich mein schwarzfeldriger Läufer beharrlich einem Abtausch verweigerte. Der zweite weiße Versuch, unter Rückgabe der Qualität einzudringen, war dann leider nicht mehr abzuwenden. Doch um die korrekte Verwertung des sich daraus ergebenden Stellungs- und Materialvorteils (ein, zwei Bauern würde ich hernach unweigerlich verlieren) kam mein Gegner herum. Meine angestrengten Verteidigungsbemühungen hatten mich letztendlich zu viel Bedenkzeit gekostet, sodaß ich zwei Züge vor Erreichen der entsprechenden Kontrolle auf Zeit verlor. Einerseits verständlich (wegen der zeitlichen Planbarkeit) und andererseits genauso bedauerlich, daß beim Troisdorf Open ohne Inkrement gespielt wird. C'est la vie.


Frank Feig